Ist opportunistisches Verhalten nicht das komplette Gegenteil von strategischem Verhalten? Passen diese beiden Verhaltensweisen im Unternehmen überhaupt zusammen oder schliessen sie sich nicht komplett aus? Ist Opportunität also der Tod einer jeden Strategie?
Das hängt stark davon ab, was man unter Opportunität versteht. Opportunistisches Vorgehen und opportunistische Entscheidungen können nämlich durchaus auch sehr strategisch sein. Das setzt allerdings voraus, dass bereits eine Strategie vorhanden ist und, dass sie im ganzen Unternehmen bekannt, verstanden und gelebt wird. Die Strategie ist dann internalisiert und prägt und leitet nicht mehr bloss Entscheidungen von klar erkennbar strategischem Gewicht, sondern das ganze operative Tagesgeschäft. Alle Mitarbeiter und Führungskräfte haben die Ziele des Unternehmens und die Strategie verinnerlicht und verhalten sich – auch wenn sie nicht immer ausdrücklich daran denken – danach. In einem Unternehmen, welches sich also quasi immer strategisch verhält, sind dann auch Entscheidungen zur Wahrnehmung oder Nicht-Wahrnehmung von sich kurzfristig bietenden Opportunitäten per definitionem strategisch und damit zielführend.
Häufigstes Beispiel und in der Praxis schon x-mal erlebt sind Kundenanfragen, die man eigentlich mit gesundem Menschenverstand (sprich bei einem Abgleich mit der Strategie) ablehnen müsste. Dies, weil der Kunde Produkte oder Leistungen will, die wir so gar nicht im Angebot haben oder haben wollen, weil der Preis viel zu tief ist, weil wir eigentlich keine freien Ressourcen haben, weil der Kunde meilenweit von unserer Zielgruppe entfernt ist oder aus anderen Gründen. Wir nehmen den Auftrag dann häufig trotzdem an und argumentieren damit, dass dies ein strategischer Kunde ist. In Tat und Wahrheit nehmen wir den Auftrag aber nur an, weil wir den Umsatz haben wollen oder müssen. Wir verhalten uns also opportunistisch, argumentieren aber strategisch und handeln häufig damit wider unsere Strategie.
Eine gute Strategieumsetzung kümmert sich daher in erster Linie darum, dass die Strategie allen an der Umsetzung Beteiligten (Mitarbeiter, Management, Lieferanten und Partner, auch Kunden, usw.) bestens bekannt ist, dass sie sie hundertprozentig verstehen und ihr Handeln automatisch danach ausrichten. Sie haben die Strategie verinnerlicht! Wer in seinem IT KMU das erreicht hat, der kann dann die Dynamik von sich kurzfristig bietenden Geschäftsgelegenheiten mit seiner Strategie für noch bessere Ergebnisse virtuos kombinieren. Wer da aber noch nicht angekommen ist, sollte mit Opportunitäten vorsichtig umgehen, sie könnten infolge hohen Risikos sogar existenzgefährdend sein.