In meinem Posting vom 21.02. (Erfolgsfaktor – Alleinstellungsstrategie) beschreibe ich ausführlich die einzelnen Elemente und den Aufbau einer Strategie der Alleinstellung. Wer diesen Weg geht, kreiert sich gleichzeitig – so quasi als kostenlose Zugabe – seinen eigenen Markt, das heisst, der selbst definierte Markt ist die Folge einer Alleinstellungsstrategie. Und je spezifischer und je individueller die Spezialisierung ist, desto einmaliger und einfacher zu verteidigen ist dieser selbst definierte Markt. Als Markt verstehe ich hier die Kombination von Geschäftsfeld bzw. Angebot des IT-Unternehmens, der Zielgruppe, der Problemlösung und der Art und Weise der Leistungserbringung. Markt ist in diesem Sinne also der von Ihnen selbst bestimmte Ort im gesamten IT-Markt, an dem Sie mit Ihren Produkten und Leistungen künftig Ihr Geld verdienen wollen.
Sie fragen sich nun vielleicht, wie Sie beispielsweise als Anbieter einer ERP-Software Ihren eigenen Markt bestimmen können. Praktisch arbeiten nahezu alle Anbieter mit dieser Problemstellung so, dass sie sich einzelne Branchen heraus picken und ihre Leistungen auf diese fokussieren (meistens nennt man dies dann eine «vertikale Selektion»). Das Problem dabei ist aber, dass auch nach der Vertikalisierung des Marktes immer noch zahlreiche Konkurrenten übrig bleiben, von Alleinstellung also keine Spur.
Eine reine Marktsegmentierung alleine genügt eben nicht, das heisst es genügt nicht, sich auf Branchen oder anwendungsverwandte Unternehmen auszurichten, eventuell noch in Kombination mit einer geografischen Beschränkung. Das machen alle anderen auch und damit sind wir punkto Alleinstellung nicht weiter gekommen, und somit auch nicht auf dem Weg zu einem selbst definierten Markt.
Der selbst definiere Markt verlangt nach einem höheren Grad an Spezialisierung, nach einer Spezialisierung, die effektiv zu einer Alleinstellung führt oder führen kann. Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen dabei grundsätzlich zur Verfügung:
- Entwicklung eines komplett neuen Produktes oder einer neue Dienstleistung. Dies wird häufig versucht, führt aber in aller Regel nur kurzfristig zu einem Vorsprung. Der Wettbewerb holt meist sehr schnell auf.
- Eine spezielle Art und Weise der Leistungserbringung, d.h. eine Prozessinnovation. Die kann in der Herstellung, in der Distribution, in der Logistik oder in sonst einem Unternehmensprozess passieren. Auch diese Art der Spezialisierung ist eher einfach zu kopieren und schützt nur ungenügend vor dem Wettbewerb.
- Definition einer eigenen Zielgruppe mit Gemeinsamkeiten und Eigenschaften, die über eine klassische Marktsegmentierung hinausgehen. Das heisst, das IT-Unternehmen schafft sich aufbauend auf den eigenen Stärken, den Kernkompetenzen, dem Angebot und der Struktur der bestehenden Kunden eine eigene, nicht (oder nur schwer) kopierbare Zielgruppe. Dieser Weg ist im Prinzip einfach und bietet bereits interessante erste Ansätze für einen selbst definierten Markt.
- Konzentration auf eine spezifische Problemlösung der Zielgruppe. Zur eigenen Zielgruppe kommt – quasi als Draufgabe – noch die zusätzliche Vertiefung in ein Problem oder einen Engpass dieser Zielgruppe und die damit verbundene Entwicklung einer Problemlösung hinzu. Diese Art der Spezialisierung wirkt deutlich stärker als die davor Genannten.
- Eine soziale oder technische Spezialisierung auf ein Grundproblem oder ein Grundbedürfnis der oben definierten Zielgruppe. Hier orientieren wir uns nicht an reinen Werkzeugen, Methoden oder Prozessen für eine Problemlösung, sondern am Problem selbst und ernennen uns selbstbewusst zum Experten für dieses Grundproblem. In der Folge bleiben wir eng an diesem Grundproblem und entwickeln unser Unternehmen mit Tuchfühlung auf dieses Grundbedürfnis zum besten Problemlöser.
So könnte sich beispielsweise ein Hersteller für Finanzsoftware als bester Problemlöser für «die Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen zur finanziellen Berichterstattung und finanziellen Führung von Unternehmen» ernennen, egal wie dies nach dem Stand der Technik aktuell gerade gemacht wird. Also beginnend mit grossen Buchhaltungs-Büchern, dann mit einem Karteikartensystem, dann mit einem Lochkartensystem, dann mit einem Buchungsautomaten, dann mit einem Computersystem mit dummen Terminals, usw. Wenn dann dereinst Buchhaltung mit «Gedankenübertragung» gemacht wird, so ist unser Beispielhersteller immer noch die Nummer 1.
Kombinationen der einzelnen oben beschriebenen Spezialisierungen wirken in der Praxis am besten und lassen sich kaum mehr kopieren.
Seriöse und eingehende Strategiearbeit berührt daher alle genannten Strategie-Eckpunkte im Detail und untersucht sie im konkreten Fall auf ihr Alleinstellungspotential. Immer mit dem Ziel, Ihren eigenen, unangefochtenen Teilmarkt im ganzen IT-Markt zu finden.