Als ich heute mit einem IT Unternehmer über seine Unternehmensziele sprach, kam intuitiv der Einwand «in der IT Branche ändert sich alles so schnell und dynamisch, dass Strategien schnell überholt sind». Ein Einwand, den ich oft höre und dem ich daher gerne folgende Zeilen der Präzisierung widmen will. Die Aussage stimmt nur teilweise. Um die von aussen beeinflusste Dynamik der Unternehmensführung besser verstehen zu können, möchte ich den oben verwendeten Strategiebegriff genauer differenzieren.
Nehmen wir dieses einfache Modell als Basis unserer Überlegungen. Es stellt das System «Unternehmen» in verschiedenen, aufeinander aufbauenden Schichten dar. Als Fundament stehen die Vision, die Mission und das Leitbild. Sie bilden die Basis des Unternehmenskonzeptes und schaffen die notwendigen Grundlagen. Aufbauend auf diesen Grundlagen werden die Unternehmensziele, die mit dem unternehmerischen Tun konkret verfolgt werden sollen, festgelegt. Erst wenn die Ziele klar und bekannt sind, kann darauf aufbauend die Unternehmensstrategie entwickelt werden. Die Strategie definiert für das ganze Unternehmen den Weg vom heutigen Zustand zum Zielzustand (also vom IST zum SOLL). Oftmals treffen wir in der Unternehmenspraxis weiter auf Teilstrategien, die für einzelne Bereiche wie Sales, Marketing, Produktentwicklung usw. differenziertere Strategien beschreiben. Die Teilstrategien haben Teilbereiche des Unternehmens zum Gegenstand, stützen sich aber immer in ihrem Kern auf die übergeordnete Unternehmensstrategie. Zur Umsetzung der Unternehmensstrategie oder auch einzelner Teilstrategien werden Strategie-Projekte gestartet, die aus den Konzepten konkrete Ergebnisse machen sollen. Und – last but not least – ist das operative (Tages-) Geschäft für die Generierung von Resultaten zuständig.
Die im Modell dunkelblau dargestellten Teile (Ziele, Vision, Mission und Leitbild) sind statisch und verändern sich kaum. Sie dürfen sich auch gar nicht grundlegend ändern, bilden sie doch die Basis und den zu Grunde liegenden Zweck des Unternehmens. Alle am Unternehmen beteiligten oder davon betroffenen Personen müssen sich darauf verlassen können, dass diese «Grundwerte» stabil und verlässlich sind. Man kann sagen, sie bilden die Basis für das Vertrauen, das dem Unternehmen entgegen gebracht werden muss.
Die im Modell mittelblau dargestellten Teile (Gesamtstrategie und Teilstrategien) sind relativ statisch. Auch sie sollten eine hohe Halbwertszeit haben und nicht ständig auf den Kopf gestellt oder verändert werden. Hier sind ebenfalls Stabilität, Kontinuität und Vertrauensbasis gefragt. Dennoch – und insoweit hatte der Unternehmer von heute völlig recht – dürfen bei den Strategien natürlich grundlegende Veränderungen unserer Umwelt (seien es technologische, gesellschaftliche oder solche des Marktes) nicht unbeachtet bleiben. Strategien müssen regelmässig einem strukturierten Review unterzogen, weiter entwickelt und angepasst werden. Arbeitet das IT Unternehmen mit einer nutzen- und lösungsorientierten Alleinstellungsstrategie, dann wird der Anpassungsbedarf allerdings immer kleiner sein, als bei einer produkt- und/oder wettbewerbsbezogenen Strategie.
Die im Modell hellblau dargestellten Teile sind weitgehend «normales Tagesgeschäft» und unterliegen zu einem grossen Teil den Einflüssen von aussen. Hier handeln wir oft auch reaktiv statt proaktiv. Je besser aber der strategische «Unterbau» des IT Unternehmens ist, desto grösser ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sogar an der Front weitgehend agiert statt bloss reagiert werden kann. Meiner Ansicht nach etwas von höchsten, was unternehmerisch erreicht werden kann.